U. Sd. Jerusalem ⋅ Warum sich um Ideologie kümmern, wenn der Gewinn lockt? Die pragmatische Devise scheint sowohl in Israel als auch in Iran Anhänger zu haben, und wenn nicht alles täuscht, gedeihen die israelisch-iranischen Geschäftsbeziehungen bis heute im Verborgenen ganz ordentlich, quasi als merkantiles Nachtschattengewächs.
2011 berichtete die Content-Website Y-net, am bilateralen Handel nähmen Dutzende israelischer Firmen teil und verdienten daran Dutzende von Millionen Dollar.
Der Feind des Feindes
Laut diesen Quellen versorgt Israel Iran primär mit Dünger, Bewässerungssystemen, Hormonen für die Milchproduktion, Saatgut und Früchten; Iran schickt vor allem Marmor, Cashewnüsse und Pistazien. Ayatollah Khomeiny hat die israelische Besetzung des Westjordanlandes stets energisch verurteilt – Ziel der Politik Teherans war es, den Palästinakonflikt nicht als arabische, sondern als muslimische Angelegenheit zu präsentieren und die Führerschaft an sich zu reissen. Die Spannungen waren enorm. Doch als im September 1980 der Krieg zwischen dem Irak und Iran ausbrach, wurde die klandestine Kooperation eilig wieder aufgenommen. Israel betrachtete Saddam Hussein als die weit grössere reale Gefahr als die revolutionäre Republik der Mullahs und lieferte laut dem Institut für Studien zur Nationalen Sicherheit, das mit der Universität Tel Aviv liiert ist und das die Deutsche Welle zitiert, dem überfallenen Gegner moderne Waffen im Wert von rund 500 Mio. $. Die Iraner lechzten damals förmlich nach brauchbaren Rüstungsgütern, und sie revanchierten sich nach Angaben von Insidern, indem sie ihre Kenntnisse über das irakische Atomprogramm mit Jerusalem teilten.
Richs Nonchalance
Wie wertvoll diese Angaben für den Geheimdienst Mossad waren, ist nie genau etabliert worden. Fakt aber ist, dass die Israeli 1981 die irakischen Kernreaktoren Tammuz 1 und Tammuz 2 erfolgreich bombardierten und dadurch die irakische Atomgefahr fürs Erste eliminierten. Iranische Bomber hatten bereits einige Monate zuvor versucht, den Reaktor ausser Gefecht zu setzen, allem Anschein nach aber, ohne zu reüssieren. Jetzt war man in Teheran über die Schützenhilfe des «kleinen Satans» froh.
Israel war aber auch ganz entscheidend involviert, als hohe Beamte der US-Regierung im Geheimen Tausende von Panzer- und Flugabwehrraketen an Teheran verkauften und mit dem Erlös die Contras finanzierten, die in Nicaragua gegen die Sandinisten kämpften. Die Angelegenheit wurde als «Iran-Contra-Skandal» bekannt. Doch über diese Mittlerdienste wurde so wenig wie möglich gesprochen, politisch opportun waren sie nicht. Einer, der auch immer nur das Nötigste preisgab, war der in der Schweiz wohlbekannte Marc Rich, der 2013 in Luzern starb. Dem Journalisten Daniel Ammann hat Rich 2009 anvertraut, dass er auch nach der Machtergreifung Khomeinys, die US-Sanktionen missachtend, iranisches Öl kaufte und dieses Geschäft bis Mitte der neunziger Jahre weiterbetrieb. Ein grosser Teil dieses Öls sei nach Israel gegangen.
Aber auch von den Profiten Richs aus dem Irangeschäft scheint ein schöner Teil den Weg nach Israel gefunden zu haben. Rich beschenkte viele israelische Organisationen, darunter die Arbeitspartei, die Tel Aviver Cinemathek, das Israelische Philharmonische Orchester , das Israelische Museum und das Interdisziplinäre Museum Herzlyia. Die Israeli – von Ehud Barak bis Shimon Peres – scheinen ihm das dadurch gedankt zu haben, dass sie den amerikanischen Präsidenten Bill Clinton mehr oder weniger inständig baten, Rich, der der Steuerhinterziehung angeklagt war, zu begnadigen. Die Israeli sollen darauf hingewiesen haben, dass Rich nicht nur Institutionen, sondern auch den Friedensprozess unterstützte , und zwar dadurch, dass er Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen in Gaza und im Westjordanland finanzierte. Stimmt das, kann man sich der Einsicht nicht verschliessen, dass ein Handel mit Iran, der sowohl der öffentlichen Propaganda als auch dem Sanktionsregime des Westens zuwiderlief, ausgerechnet in den besetzten palästinensischen Gebieten segensreiche Wirkung entfaltete.
Source: http://www.nzz.ch/wirtschaft/bluehende-geschaefte-im-verborgenen-1.18501846